Wenn es um den Schutz für eine Marke in Europa geht, denken die meisten Anmelder zunächst an eine Unionsmarke, die in der gesamten Europäischen Union wirksam und insofern auch kostengünstig ist.
Dennoch kann es sich aus strategischen Gründen lohnen, den Blick mehr für die nationale Markenanmeldung zu schärfen.
Das gilt nicht nur für die nationale Marke in Großbritannien, die möglicherweise wegen des BREXIT eine Renaissance erleben könnte. Vielmehr sollte auch die Einreichung einer nationalen Marke in Deutschland, ggf. in Ergänzung zur Unionsmarke, in Erwägung gezogen werden. Aus strategischer Sicht im Hinblick auf eine spätere Durchsetzung gegen Markenverletzer hat das Deutsche Markenrecht insbesondere im Lichte der jüngeren Rechtsprechung einige Vorteile zu bieten:
a) Bestandsschutz deutscher Marken
Eine Marke kann grundsätzlich gelöscht werden, wenn ihr sogenannte absolute Schutzhindernisse entgegenstehen, die Markenbezeichnung für die beanspruchten Waren- und Dienstleistungen also bspw. beschreibend ist. Die Möglichkeit, beim Amt eine Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse zu erwirken, besteht für Unionsmarken zeitlich unbegrenzt. Deutsche Marken erhalten hingegen nach Ablauf von zehn Jahren eine Art Bestandsschutz. Eine Löschung wegen absoluter Schutzhindernisse ist dann nicht mehr möglich, so dass die Markeneintragung entsprechend gestärkt ist.
b) Rechtserhaltende Benutzung
Sowohl für die Unionsmarke als auch für die deutsche Marke gilt, das nach Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist im Zweifel vom Markeninhaber nachgewiesen werden muss, dass er die Marke auch nutzt. Andernfalls kann die Marke auf Antrag eines Dritten gelöscht werden. Bei einer Unionsmarke ist bis heute nicht eindeutig geklärt, in welchem territorialem Umfang die Benutzung erfolgen muss, um eine Löschung der Marke zu vermeiden. Grundsätzlich muss eine Unionsmarke "in der Union" benutzt worden sein (Art. 18 Abs. 1, Art. 47 Abs. 2 UMV). Der EuGH hat in der Entscheidung C-149/11 - ONEL/OMEL erläutert, dass bei der Bewertung einer Markenbenutzung "in der Union" die Grenzen der Mitgliedsstaaten nicht berücksichtigt werden können. Es komme nicht auf politische Grenzen, sondern auf Marktgrenzen an. Damit ist die ursprüngliche Rechtsauffassung, wonach eine Benutzung in nur einem Mitgliedsstaat ausreicht, überholt. Vielmehr kommt es nun auf den jeweiligen Einzelfall an, was die Unsicherheit für Inhaber einer Unionsmarke erhöht. Eine deutsche Marke gilt hingegen nach der bisherigen Rechtsprechung weiterhin als im gesamten Bundegebiet benutzt, selbst wenn die Benutzung nur regional erfolgt. Insofern kann es sinnvoll sein, ergänzend zur Unionsmarke eine deutsche Marke anzumelden.
c) Forum Shopping
Eine nationale deutsche Marke bietet im Gegensatz zur Unionsmarke einen besonderen Vorteil, wenn in Deutschland geklagt werden soll. In der Sache I ZR 164/16 - Parfummarken hatte der Bundesgerichtshof Milestones (02/2018) entschieden, dass eine unberechtigte Benutzung einer Unionsmarke durch ein Internetangebot auf einer Webseite, deren Veröffentlichung aus Italien heraus erfolgte, nicht die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen würde. Dies gilt auch dann, wenn eine E-Mail mit Produkt- und Preislisten aus Italien nach Deutschland gesandt wird. Entscheidend für die internationale Zuständigkeit sei der Ort, von welchem die E-Mail versandt worden ist. Es wird folglich schwieriger, Verletzungen einer Unionsmarke vor deutschen Gerichten einzuklagen. Markeninhaber, die für solche Fälle die Qualität der deutschen Gerichte, die sich auf Markenstreitigkeiten spezialisiert haben, für sich nutzen möchten, sollten daher eine deutsche nationale Markenanmeldung in Erwägung ziehen.
d) Widerklage vs. Löschungsantrag
Die Unionsmarkenverordnung sieht klar vor, dass ein Beklagter in einem Verfahren über die Verletzung einer Unionsmarke Widerklage erheben kann, um so die Rechtsgültigkeit der Marke anzugreifen. Die Frage der Rechtsgültigkeit wird somit in demselben Verfahren behandelt, wie die Frage der Markenverletzung. Das erhöht den Umfang des Verfahrens und führt regelmäßig zu einer, für den Markeninhaber in der Regel unerwünschten, zeitlichen Verzögerung. Im deutschen Markenrecht existiert keine Widerklagemöglichkeit. Vielmehr muss das Verletzungsgericht der eingetragenen Marke ein Mindestmaß an Schutz gewähren. Wenn der Verletzungsbeklagte die Rechtsgültigkeit der Marke angreifen möchte, muss er daher Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt stellen und somit ein parallel laufendes Verfahren starten. Das Verletzungsverfahren wird somit nicht mit zusätzlichem Material belastet und kann zügig fortgesetzt werden. Inhaber von nationalen deutschen Marken haben daher bessere Chancen auf eine schnelle Entscheidung über die Markenverletzung.
e) Aussetzung des Klageverfahrens
Problematisch ist es für Unionsmarkeninhaber, die eine Verletzungsklage erhoben haben, wenn bereits ein Löschungsantrag beim Amt vorliegt. Dann kann der Beklagte im Verletzungsverfahren durch Erhebung einer Widerklage, mit der die Rechtsgültigkeit der Marke angezweifelt wird, erzwingen, dass das Verletzungsverfahren ausgesetzt und damit eine Entscheidung über die Markenverletzung herausgezögert wird. Das Unionsmarkengericht ist nämlich in solchen Fällen nach Art. 132 Abs. 1 UMV zur Aussetzung des Verfahrens verpflichtet. Das deutsche Markengesetz kennt das Instrument der Aussetzung des Verletzungsverfahren bei anhängigen amtlichen Löschungsverfahren ebenfalls. Allerdings ist das für eine deutsche Marke zuständige Verletzungsgericht nicht zur Aussetzung verpflichtet, sondern ist in seiner Entscheidung insoweit frei. Die Praxis zeigt, dass die Verfahren nur in seltenen Fällen ausgesetzt werden, so dass Verletzungsverfahren aus nationalen deutschen Markenrechten schneller zur Entscheidung führen.